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Der Axel Springer Verlag hat im Internet ein Zeitungsartikelarchiv mit eingescannten Artikeln von 1966 bis 1968 ins Leben gerufen.

Auf der Seite http://medienarchiv68.de/ heißt es: Bis heute wird die Berichterstattung der Medien von Axel Springer über „1968“ und die Studentenbewegung kontrovers diskutiert. Nicht selten geschieht dies ohne Kenntnis der Berichte selbst. Mit dem Medienarchiv68 will die Axel Springer AG jedem den unkomplizierten Zugriff auf die Originalquellen ermöglichen, um sich selbst ein Bild zu machen.

Um sich selbst ein Bild zu machen, das klingt so wie Bild dir deine Meinung (oder auch: Bild[:] dir deine Meinung!) Der Axel Springer Verlag möchte mit Vorurteilen aufräumen. Zum Beispiel mit solchen, dass sie eine interessensgeleitete Meinungsmaschiniere sind. Ein Archiv von alten Artikeln kann dies sicher nicht bewerkstelligen. Wie gesagt, man muss sich selbst ein Bild machen, denn man kann es nun ja. Aber – vermindern Eingeständnisse wirklich die tatsächlichen Auswirkungen? Und 68 ist weit weg: wie haben die Schlagzeilen damals gewirkt? Heute wirken wiederum andere Schlagzeilen, die sich in 40 Jahren sicher auch anders bewerten lassen. Es ist immer auch der Blickwinkel, der Abstand, der auf das zu Betrachtende erheblichen Einfluss nimmt. Was ist das für ein Interesse hinter dieser Läuterung, dessen bisher 5.900 veröffentlichte Artikel bisher wohl kaum einer komplett angeschaut hat.

„Mein persönliches, vorläufiges Fazit: Wenn man genauer hinschaut, ergibt sich ein differenziertes Bild“, schreibt Mathias Döpfner im Editorial zum Medienarchiv 1968: „Kommentarzeilen wie ,Stoppt den Terror der Jung-Roten jetzt‘ (Bild Berlin, 7. Februar 1968) oder „Wer Terror produziert, muss Härte in Kauf nehmen“ (B.Z., 3. Juni 1967) werden immer wieder zitiert. Aber war ebenso bekannt, dass die B.Z.auch schrieb „Es ist ein Unding, einen Dutschke zum ,Volksfeind Nr. 1′ stempeln zu wollen“ (22. Februar 1968)“, fragt Döpfner. Und lässt dabei weg, dass der fragliche Kommentar Dutschke auch als „gar nicht so wichtig“ abstempelte, empfahl, „derartige Hassparolen“ den „Radikalen links und rechts“ zu überlassen, wobei mir Ersteren natürlich wieder die Studenten gemeint waren.¹

Dahinter kann nicht mehr stehen als Aufmerksamkeit, als Wiedergutmachung durch Dritte, durch den Beobachter, da man schließlich kein Problem damit hat, seine Archive zu öffnen und zu veröffentlichen. Springer möchte sein Bild des übermächtigen Verlags der 60er Jahre differenzieren, nur um sein Bild des Übermächtigen für heute damit zu stärken. Wer möchte einen wissenschaftlichen Diskurs darüber entwickeln und 6000 Zeitungsseiten auswerten. Wem spielt das ins Interesse. Das klingt beinahe nach Arbeitsbeschäftigung und Ablenkung. Man holt nie ohne Grund die Vergangenheit wieder hervor.

¹http://www.taz.de/1/leben/medien/artikel/1/heischen-nach-spaeter-genugtuung/

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